Legionelleninfektion: Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Vermieter?

ho) Am 01. November 2011 ist eine novellierte Trinkwasserverordnung vom 03. Mai 2011 in Kraft getreten (1. Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung vom 03. Mai 2011, BGBl. I Nr. 21/2011, Seite 748 ff und Berichtigung der Verordnung vom 30. September 2011, BGBl. I 2011, Seite 1985). Diese Änderungsverordnung schreibt die Trinkwasserverordnung vom 21.05.2001, die am 01.01.2003 in Kraft getreten ist, fort. Sie ist auf der Verordnungsermächtigung von § 38 Infektionsschutzgesetz (InfSG) ergangen, Seit dem 1. November 2011 kommen auf Vermieter von Mehrfamilienhäusern mit einer zentralen Warmwasserbereitungsanlage neue Pflichten zu. Insbesondere hat der Betreiber oder Inhaber einer Großanlage zur Trinkwassererwärmung (§ 13 Abs. 5 TrinkwV) die Anlage grundsätzlich jährlich an mehreren repräsentativen Probeentnahmestellen auf Legionellen zu untersuchen bzw. untersuchen zu lassen, die Untersuchungsergebnisse aufzuzeichnen, 10 Jahre verfügbar zu halten und innerhalb von zwei Wochen dem Gesundheitsamt ebenfalls zu übersenden (§ 14 Abs. 3 TrinkwV).

Großanlagen im Sinne der allgemein anerkannten Regeln der Technik sind dabei Warmwasserinstallationen mit mehr als 400 Litern Speichervolumen und/oder Warmwasserleitungen mit mehr als 3 Litern Inhalt zwischen dem Trinkwassererwärmer und der Entnahmestelle (vgl.: DVGW-Arbeitsblatt W 551).

Als gesundheitsbedenklicher Grenzwert für die im Trinkwasser vorhandene Legionellenkonzentration wird dabei 100 KBE (Kolonienbildende Einheiten) pro 100 ml Trinkwasser definiert (Anlage 3, Teil II des § 7 TrinkwV). Voraussetzung für die Untersuchungspflicht ist, dass die Trinkwasseranlagen mit Duschen oder mit anderen Anlagen ausgestattet sind, in denen es zu einer Vernebelung von Trinkwasser kommt (§ 14 Abs. 3, Satz 2 TrinkwV).

Hintergrund dazu:
Die Übertragung von Legionellen erfolgt durch das Einatmen eines legionellenbelasteten Wasser-Luft-Aerosols, so dass die Atemwege und Lungen damit infiziert werden. Das reine Trinken von legionellenbelasteten Wasser soll dagegen nicht gesundheitsschädlich sein und auch die Legionärskrankheit nicht auslösen (zu den Einzelheiten der biologisch-medizinischen Zusammenhänge von Legionellenbelastungen vgl. im Internet die freie Enzyklopädie Wikipedia unter dem Stichwort „Legionellen“ unter www.wikipedia.org/wiki/Legionellen).

„Inhaber von Trinkwasseranlagen“ mit Warmwasseraufbereitung sind auch der Hauseigentümer und Vermieter, der Wohnungseigentümer, die Wohnungseigentümergemeinschaft und der Verwalter.

In einer brandneuen Entscheidung befasst sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit Legionellenbelastungen des Trinkwassers und daraus folgendem Schadensersatz des Vermieters einschließlich seiner Verpflichtung zur Zahlung von Schmerzensgeld:

Der Fall:

Vermieter V vermietet an Mieter M. M stirbt an einer Legionelleninfektion mit folgender letal verlaufender Lungenentzündung. Die Tochter des M – T – begehrt als Alleinerbin des M von V Schmerzensgeld in Höhe von 23.415,84 € plus Zinsen. Eine starke Legionellenkontamination wurde behördlich in der Wohnung des verstorbenen M festgestellt. T leitet ihren Schadensersatzanspruch aus einer behaupteten Pflichtverletzung des V zur regelmäßigen Kontrolle des Trinkwassers her und behauptet dazu, M sei infolge dieser unterlassenen Prüfung auf Legionellen erkrankt. V beruft sich dagegen darauf, andere Infektionsherde seien nicht auszuschließen: Schließlich habe M am gesellschaftlichen Leben aktiv teilgenommen. Dass es keine andere Legionellenepidemie im Umkreis gegeben habe, sei unbedeutend. Außerdem sei im Wohnhaus des V niemand an einer Legionelleninfektion erkrankt.

Die Lösung:

Der BGH (BGH, Urteil vom 6. Mai 2015 – VIII ZR 161/14; Vorinstanz LG Berlin, Urteil vom 12.5.2014 – 18 S 327/13) verweist zurück. Denn die Annahme des Berufungsgerichts, die Legionellenerkrankung lasse sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit auf das kontaminierte Trinkwasser zurückführen, beruhe auf einer lückenhaften und rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung. Gleichwohl sei grundsätzlich eine Pflicht des Vermieters zur Untersuchung des Trinkwassers auf Legionellen als Verkehrssicherungspflicht anzunehmen. Deshalb komme es für die Begründung einer solchen Pflicht nicht darauf an, ob der behauptete Pflichtverstoß zeitlich vor dem am 1. November 2011 erfolgten Inkrafttreten der in § 14 Abs. 3 der Trinkwasserverordnung ausdrücklich geregelten Pflicht des Vermieters zu einer Legionellenuntersuchung des Trinkwassers behauptet wird. Anders formuliert: Der Vermieter ist auch schon zeitlich vorher untersuchungspflichtig. Kommt er dem nicht nach, und ergibt sich daraus verschuldet ein Körperschaden, haftet er.

Hintergrund:

Die zwingende Einordnung überschrittener Grenzwerte als Sachmangel der Mietsache löst zu Lasten des Vermieter das gesamte Spektrum der Sachmängelgewährleistungsrechte und –Ansprüche aus, insbesondere das Minderungs- und Zurückbehaltungsrecht an der Miete und fristlose Kündigungsmöglichkeiten für den Mieter wegen Gesundheitsgefährdung. Hinzu treten die Möglichkeit der Selbstbeseitigung des Mangels durch den Mieter nach ergebnislosem Ablauf einer dafür dem Vermieter gesetzten Frist (§ 536 a Abs. 2 BGB) sowie ein diesbezüglich erzwingbarer Kostenvorschuss.

Auch Schadensersatz ist zu Gunsten des Mieters veranlasst, wenn dem Vermieter ein entsprechendes Verschulden an der Grenzwert überschreitenden Legionellenkonzentration im Trinkwasser anzulasten ist und dem Mieter daraus zum Beispiel ein Gesundheitsschaden erwächst. Besonders problematisch aus Sicht des Vermieters ist dabei, dass dieser Schadensersatzanspruch des Mieters auch Schmerzensgeld für erlittene Gesundheitsbeeinträchtigungen und erlittene Gesundheitsschäden umfasst (zu diesen Fällen: LG Saarbrücken, Urteil vom 11.12.2009 – 10 S 26/08, MietRB 2010, Seite 132; LG Dortmund, Urteil vom 01.09.2010 – 4 O 167/09, BauR 2011, Seite 1062; KG, Urteil vom 8.12.2010-11 U 54/09, IMR 2011, S. 210).

Quelle:

Haus und Grund Niedersachsen,Landesverband
Niedersächsischer Haus-, Wohnungs- und
Grundeigentümer-Vereine e.V.

Schützenstraße 24, 30853 Langenhagen
Telefon: 0511/973297-0
Telefax: 0511/973297-32
E-Mail: info@haus-und-grund-nds.de

Aussichtslose Prozesse muss man nicht führen

Regelmäßig stimmen Eigentümerversammlungen darüber ab, ob bestimmte Ansprüche geltend gemacht werden sollen. Bei tatsächlich oder rechtlich zweifelhaften Ansprüchen muss dies nicht geschehen, berichtet der WEG-Rechtsexperte Dr. Jan-Hendrik Schmidt und bezieht sich auf ein Urteil des LG Itzehoe (Urteil vom 05.08.2014; Aktenzeichen 11 S 45/13). Das für Schleswig-Holstein zentral zuständige Berufungsgericht für alle WEG-Verfahren entschied sich zu Eckpunkten, unter denen Wohnungseigentümer davon absehen dürfen, streitige Ansprüche gegenüber Miteigentümern oder Dritten zu verfolgen.

Der Fall:

Im Jahr 1996 wurde einer Eigentümerin durch Mehrheitsbeschluss gestattet, einen vor ihren beiden Sondereigentumseinheiten liegenden Vorflur in den eigentlichen Wohnbereich baulich einzubinden. Der Beschluss wurde nicht angefochten. Die Miteigentümerin führte die Umbaumaßnahmen durch. 10 Jahre später verlangt eine Miteigentümerin, dass die WEG eine Nutzungsentschädigung für die Flurfläche geltend machen soll. In der Eigentümerversammlung wird dies durch Mehrheitsbeschluss abgelehnt (Negativbeschluss). Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage hat das Amtsgericht abgewiesen, da es nach seiner Ansicht nicht ermessensfehlerhaft sei, wenn die Gemeinschaft von der Geltendmachung zweifelhafter Entschädigungsansprüche absehe. Die Klägerin legte Berufung ein.

Die Entscheidung:

Das LG Itzehoe bestätigt das AG Reinbek. Unter Berücksichtigung der Sachlage sowie der Rechtslage sei es äußerst zweifelhaft, ob die WEG erfolgreich einen Zahlungsanspruch durchsetzen könne. Der Beschluss von 1996 sei nicht angefochten worden und daher eine rechtsgültige Grundlage für die durchgeführten Umbaumaßnahmen und die Einbeziehung des Flures, bei der es sich um einen Leihvertrag handeln dürfte. Da die Miteigentümerin somit redlich gehandelt habe, könne sie aller Voraussicht nach nicht erfolgreich auf  Zahlung in Anspruch genommen werden. Bereits damals hätte man in dem Beschluss eine Gegenleistung, beispielsweise in der Form einer Nutzungsentschädigung, festlegen können. Dies habe die Gemeinschaft aber nicht getan. Alle heutigen Eigentümer seien an diesen Beschluss kraft Gesetzes gebunden (§ 10 Abs. 4 WEG).

 

Quelle:

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